Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) hat ihre diesjährigen Pläne für unbemannte Flüge über europäischen Meeren vorgelegt. Demnach wollen 14 europäische Regierungen EMSA-Drohnen für Aufgaben der Küstenwache, zur Verfolgung von Umweltverschmutzung oder der Kontrolle von Hafenanlagen nutzen. So steht es in der Antwort der EU-Kommission auf eine Schriftliche Anfrage der Europaabgeordneten Özlem Demirel.
Die EMSA hat sich nach ersten Tests 2017 zur Drohnenagentur der Europäischen Union entwickelt. Missionen erfolgten zuerst für die Küstenwache von Island. Anschließend haben Bulgarien, Griechenland, Litauen, die Niederlande, Portugal, Spanien und Frankreich sowie die EU-Fischereiagentur die Dienste mit verschiedenen Drohnen bestellt. Die Dauer der jeweiligen Einsätze beträgt meist drei Monate. Demnächst wird auch Frontex über große Drohnen verfügen, bis dahin nutzt die EU-Grenzagentur ebenfalls unbemannte Luftfahrzeuge der EMSA.
Einsatz in Deutschland abgesagt
In Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden fliegen EMSA-Drohnen auch 2021 wieder für die Küstenwache, außerdem in Dänemark, Schweden, Finnland und Estland. „Interessensbekundungen“ kamen außerdem von Bulgarien und Griechenland. Ob diese Flüge durchgeführt werden können, ist wegen fehlender Kapazitäten noch unklar. Die EMSA weitet ihre Drohnenflotte deshalb weiter aus. Kürzlich hat die Agentur hierzu eine weitere EU-Ausschreibung über 20 Millionen Euro veröffentlicht. Insgesamt hat die EMSA damit seit 2017 über 200 Millionen Euro für Flüge mit unbemannten Luftfahrzeugen ausgegeben.
Auch das deutsche Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hatte bei der EMSA Drohnenflüge angefordert, diese hätten bereits im vergangenen Jahr erfolgen sollen. Die Behörde wollte damit aber nicht die Küstenwache unterstützen, sondern Emissionen von Schiffen auf Nord- und Ostsee kontrollieren. Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie wurden jedoch bisher keine Einsätze durchgeführt. Das teilte das Bundesamt kürzlich in der Antwort auf eine Informationsfreiheitsanfrage mit. Ob die Flüge nachgeholt werden, weiß das BSH derzeit noch nicht.
Mittlerweile hat sich die EMSA für Meeresüberwachung auf zwei unbemannte Luftfahrzeuge festgelegt. Entweder nutzt die Agentur den Starrflügler „AR-5“ der portugiesischen Firma Tekever oder den senkrecht startenden „Camcopter“ der Firma Schiebel in Österreich. Beide wiegen deutlich über 100 Kilogramm und tragen rund 50 Kilogramm Nutzlast. Zur Meeresüberwachung sind die Drohnen vor allem mit optischen und tageslichtunabhängigen Kameras ausgerüstet. Die „AR-5“, die über Satellitenkommunikation gesteuert werden kann, befördert außerdem ein Seeradar, einen Empfänger für Daten zu Schiffspositionen und eine Antenne für sogenannte Funkbaken für die Kennzeichnung einer Seenotposition.
Erste Firma darf Flüge selbst autorisieren
Vor drei Wochen hat die Schiebel GmbH das EU-weit erste „Light UAS Operator Certificate“ (LUC) erhalten. Das von der Flugsicherung in Österreich ausgestellte Betreiberzeugnis erlaubt den Drohnenpilot:innen der Firma, Flüge des „Camcopter“ im zivilen Luftraum selbst zu autorisieren. Bislang mussten die Betreiber:innen die täglichen Einsätze umständlich bei Austro Control beantragen.
Das LUC-Zertifikat ist Teil der Ende 2020 in Kraft getretenen EU-Drohnen-Verordnung. Es ist unbefristet und soll den Herstellern unbemannter Luftfahrzeuge neue Anwendungen in der gesamten Europäischen Union ermöglichen. Schiebel erwartet, dass sich mit dem LUC die Anwendungsmöglichkeiten des „Camcopter“ im zivilen Bereich „vervielfachen“. In diesem Jahr ist die Firma nach eigener Auskunft in acht europäischen Ländern tätig. Auch die Dienste für die EMSA werden nun im Rahmen des LUC durchgeführt.
An den diesjährigen Flügen der EMSA-Drohnen ist auch der französische Satellitendienstleister CLS beteiligt, der sich in dem EU-Projekt „I-REACT“ ebenfalls auf die Meeresüberwachung spezialisiert hat. 2019 haben CLS und der Drohnenhersteller Tekever eine „Big-Data-Plattform“ vorgestellt, die mithilfe Künstlicher Intelligenz Daten aus verschiedenen Informationsquellen kombiniert. Hierzu gehören die im maritimen Bereich üblichen Wettervorhersagen und Klimamodelle, aber auch eine Plattform zur Auswertung von Twitter. Ebenfalls eingebunden werden Informationen von EU-Satelliten im Rahmen des „Copernicus“-Projekts.
Ich verstehe nicht warum Unternehmen wie z.B. Schiebel GmbH Flüge autorisieren können muss. Das klingt insgesamt ein wenig so, als ob die Drohnenhersteller nicht einfach nur Produkt-Anbieter sind sondern offenbar auch Service-Anbieter? Ist das daraus entstehende Konstrukt dann eine Mischung aus Outsourcing und Vendor-lock-in?
Tatsächlich sind viele (alle? die meisten?) Drohnenhersteller grundsätzlich auch Dienstleister, bieten also Flüge auf Miet- oder Leasingbasis an. Schiebel macht das etwa für die EMSA. Airbus vermietet/ fliegt seine „Zieldarstellungsdrohnen“ ans Militär, die dann mitunter auch abgeschossen werden. Manchmal sourcen die das auch aus; Airbus ist etwa europäischer Partner für IAI und wartet und startet deren „Heron“ für Bundeswehr, für Frontex liegen die Flüge sogar komplett in der Hand von Airbus.
Ja, weil das einfach effizienter ist. Man vereinbart Flugstunden und Verfügbarkeit und bezahlt dafür ohne sich um Wartung und Co kümmern zu müssen. Wenn das UAV abstürzt oder abgeschossen wird, hat das keinen EInfluss auf die Missionen des Staats.